Inside Interim Management: Ich habe schon viele Fehler gemacht.
– Meine Meinung – kein Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit –
Interim Manager werden oft als kurzfristige Lösung für Unternehmensprobleme engagiert. Sie sollen schnell handeln, Ergebnisse liefern und Organisationen durch Krisen oder Veränderungsprozesse führen. Doch die wenigsten, die Management-Erfahrung haben, eignen sich als Interim Manager. Die besten in diesem Bereich sind jene, die in ihrem Berufsleben bereits viele Fehler gemacht haben.
Fehler sind keine Schwäche, sondern die entscheidende Qualifikation, die einen exzellenten Interim Manager ausmacht. Wer nie auf die Nase gefallen ist, kann auch nicht wissen, wie man sich danach wieder aufrichtet. Wer keine Narben hat, hat auch keinen Kampf gewonnen.

Die Bedeutung von Fehlern im Management
In einer perfekten Welt würden Manager immer die richtigen Entscheidungen treffen. Doch in der Realität sind Fehlentscheidungen unvermeidlich. Nur wer in seiner Karriere bereits viele Fehltritte erlebt hat, hat auch gelernt, wie man sie inhaltlich und kommunikativ löst. Erfahrung entsteht nicht durch Lehrbücher oder Theorieseminare, sondern durch das Durchleben und das Meistern von Herausforderungen. Ein Manager, der noch nie gescheitert ist, hat schlichtweg nicht genug erlebt, um souverän auf Krisen zu reagieren.
Ein Interim Manager, der noch nie in einer ernsthaften Krise steckte, wird keine intuitive, erprobte Herangehensweise an komplexe Probleme haben. Er wird möglicherweise Fehler vermeiden wollen, anstatt sie als Lernchance zu begreifen. Das macht ihn langsam, unsicher und reaktiv statt proaktiv. Fehler sind das eigentliche Kapital eines erfahrenen Managers, weil sie ihm die strategische Sicherheit geben, im Ernstfall die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wer nie einen kompletten Absturz erlebt hat, weiß auch nicht, wie man sich aus dem tiefsten Tal herausarbeitet. Ein Manager ohne Fehler ist wie ein Arzt, der nie einen echten Patienten behandelt hat – er mag theoretisch gut sein, aber in der Praxis ist er nutzlos.
Fehler als Kompetenzaufbau
Ein erfahrener Interim Manager hat Fehler in den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen gemacht: Personalentscheidungen, Fehleinschätzungen von Markttrends, Misskommunikation mit Stakeholdern oder operative Fehltritte. Diese Erfahrungen lehren ihn:
- Inhaltliche Problemlösung: Fehler zeigen, was in der Praxis funktioniert und was nicht. Wer bereits Fehlentscheidungen getroffen hat, erkennt früher Anzeichen für mögliche Fehlentwicklungen und kann entsprechend gegensteuern. Die Theorie mag unzählige Modelle liefern, aber nur durch Fehler erkennt man, welche davon in der Praxis wirklich anwendbar sind.
- Kommunikative Bewältigung: Fehler gehen oft mit Konflikten einher. Ein Manager, der gelernt hat, wie man Fehler offen kommuniziert, Vertrauen wiederherstellt und Menschen trotz Rückschlägen motiviert, hat eine unbezahlbare Fähigkeit. Wer jedoch versucht, sich herauszureden oder Verantwortung zu verschleiern, wird schnell enttarnt – und ist als Führungskraft unbrauchbar.
- Umgang mit Widerstand: Wer in seiner Karriere bereits Gegenwind erlebt hat, weiß, dass Widerstand nichts Negatives ist. Vielmehr sind es wichtige Signale, die auf Schwachstellen hinweisen oder eine Strategie überdenken lassen. Ein Manager, der nie ernsthaften Widerstand erlebt hat, ist oft unfähig, ihn zu managen und neigt dazu, sich in nutzlosem Autoritätsgehabe zu verlieren. Wer nur durch Beifall seine Karriere gemacht hat, ist nichts weiter als ein Blender.
- Der Unterschied zwischen Geschwindigkeit und Fokus: Manager, die noch keine Krisen gemeistert haben, glauben oft, dass schnelle Entscheidungen per se besser sind. Doch in kritischen Situationen ist nicht Tempo, sondern Klarheit und Fokus gefragt. Wer Fehler gemacht hat, weiß, wann Geschwindigkeit erforderlich ist und wann strategische Ruhe der bessere Weg ist. Ein unerfahrener Manager hingegen handelt hektisch oder gar nicht und gefährdet so den gesamten Prozess.
- Praxis statt Theorie: Universitäre Ausbildung und Weiterbildungen können nur bedingt auf die Realität vorbereiten. Wer als Interim Manager erfolgreich sein will, muss Wissen in der Praxis getestet haben. Nichts ersetzt die Lehren, die durch echte, teure und teils schmerzhafte Fehler gewonnen werden. Es ist eine Illusion zu glauben, dass Management durch Theoriewissen oder Zertifikate ersetzt werden kann. Wer nie selbst Verantwortung getragen hat, sollte erst gar nicht versuchen, sich als Krisenmanager zu verkaufen.
Warum Unternehmen auf „Fehler-Manager“ setzen sollten
Viele Unternehmen suchen nach Interim Managern mit perfekten Lebensläufen und möglichst wenigen „Flecken“ in ihrer Karriere, zudem Nachweisen für exzellente Hard Skills. Doch genau das ist ein Trugschluss. Wer nie gescheitert ist, hat sich entweder nie auf schwieriges Terrain gewagt oder war in geschützten Umfeldern unterwegs, in denen Fehlentscheidungen abgefedert wurden. Solche Manager sind oft unvorbereitet auf die harte Realität eines Unternehmens im Krisen- oder Transformationsmodus.
Stattdessen sollten Unternehmen Interim Manager gezielt danach auswählen, ob sie echte Herausforderungen gemeistert haben.
- Erfahrung mit Krisen: Wer bereits Unternehmenskrisen durchlebt hat, bleibt ruhig und handlungsfähig, wenn es darauf ankommt.
- Resilienz: Menschen, die Fehler gemacht und daraus gelernt haben, sind widerstandsfähiger und lassen sich nicht von Widerstand oder temporären Rückschlägen aus der Bahn werfen.
- Pragmatische Lösungen: Manager, die Fehler gemacht haben, wissen, dass Theorien oft nicht eins zu eins umsetzbar sind. Sie entwickeln realistische, pragmatische Lösungen. Theoretiker diskutieren, Praktiker handeln. Wer beides nicht kann, ist ein Schreibtischtäter, aber kein Interim Manager.
Fazit: Fehler sind die wichtigste Qualifikation eines Interim Managers
Die Annahme, dass ein guter Interim Manager jemand ist, der in seiner Karriere kaum Fehler gemacht hat, ist grundlegend falsch. Unternehmen sollten gezielt nach Führungskräften suchen, die Fehler gemacht, aus ihnen gelernt und sich weiterentwickelt haben.
Denn nur wer die Höhen und Tiefen des Managements durchlebt hat, kann in schwierigen Situationen die richtigen Entscheidungen treffen. Interim Management ist keine Spielwiese für Theoretiker, sondern ein Feld für erfahrene Krisenbewältiger. Fehler sind keine Makel, sondern die eigentliche Qualifikation, die einen exzellenten Interim Manager ausmacht.
Ein Interim Manager ohne Fehler ist wie ein Pilot ohne Turbulenzen: Theoretisch ausgebildet, aber praktisch nicht erprobt und damit im Ernstfall nicht belastbar. Und Unternehmen, die glauben, mit glatten Lebensläufen echte Probleme lösen zu können, begehen den größten Fehler von allen.
Mutig denken – Wandel wagen
Alexander d’Huc